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Unterabschnitte

4 Experimenteller Aufbau

Der Messaufbau für die isometrische Messung wird hier zunächst anhand der Einzelkomponenten beschrieben und am Ende insgesamt dargestellt. Die für die isotone Messung erforderliche Erweiterung der Messanordnung — Schrittmotor und Regelung — werden im Anschluß behandelt.

4.1 Stimulationseinheit

Die Stimulationseinheit besteht aus einem Signalgenerator und einer Konstantstromquelle. Mit dem Signalgenerator können Rechtecksignale in der Länge von $0.1$ ms bis $1000 \, s$ mit einer Amplitude von $0.01 \, mA$ bis $100 \, mA$ erzeugt werden. Die dafür erforderliche Spannung am Ausgang der Konstantstromquelle kann $200 \, V$ aber nicht überschreiten. Weiter ist es möglich die Polarität des Ausgangssignals zu vertauschen. Dies ist zum Beispiel nötig, um die Ausbildung von Helmholtz`schen Doppelschichten an den Elektroden (siehe Abschnitt 4.2.2) zu minimieren. Der Ausgang ist erdfrei ausgeführt, ist also nicht mit Masse verbunden. Die Elektroden der Organbadanlage werden direkt an diesen Ausgang angeschlossen. Werden mehrere Bäder gleichzeitig angeschlossen, so werden die einzelnen Bäder -- da mit Konstantstrom gereizt wird — natürlich in Reihe geschaltet.

4.2 Organbadanlage

Abbildung 6: Die Organbadanlage: das Organbad mit Kraftaufnehmer und Mikrometerschraube (Mitte), Rollenpumpe (rechts oben) und Heizung (links oben)
Image obada

Im Organbad (Abbildungen 6 und 7) finden die elektrische Stimulation der Probe über Elektroden statt sowie die gleichzeitige Messung des Kontraktionsverhaltens der Probe mittels eines Kraftaufnehmers. Das Organbad hat hierbei die Aufgabe, ein möglichst konstantes, physiologisches Milieu für die Probe zu schaffen.

4.2.1 Organbad

Abbildung 7: Die Organbadanlage
Image bad1

Das Organbad (Abbildungen 6 und 7) hat ein Volumen von $10 \, cm^3$ und ist mit einer Ringer-Nährlösung gefüllt. Die Nährlösung wird ständig mit $CO_2$ gespült. Eine Rollenpumpe wälzt kontinuierlich die Nährlösung um. Diese wird durch einen Wärmetauscher konstant auf $37.5^{\circ} C$ Körpertemperatur gehalten wird. Durch kleine Hähne lässt sich das Organbad in etwa einer Minute leerpumpen und wieder auffüllen.

4.2.2 Elektroden

Abbildung 8: A: Schaltskizze für den Gesamtwiderstand des Organbades. R1: übergangswiderstand von den Elektroden in das Bad. R2: Widerstand des Bades. B, C, D: Ersatzschaltbild für die Helmholtz'sche Doppelschicht. RC: Widerstand-Kondensator-Kombination, die durch die Helmholtz'schen Doppelschichten an den Elektroden entsteht.
Image h+r

Der Strom aus der Konstantstromquelle wird über Platinelektroden ins Organbad geleitet. Platin wird verwendet, da hierbei nicht wie bei anderen Metallen — wie zum Beispiel Kupfer -- toxische Ionen gebildet werden. Nachteilig bei Platin hingegen ist die Bildung von dünnen, isolierenden Schichten an der Metalloberfläche der Elektroden in Form von winzigen Gasbläschen, die wie in Reihe geschaltete Kondensatoren wirken und eine Veränderung der Reizsignalform bewirken (Helmholtz'sche Doppelschicht, siehe Abbildung 8).

Der Strom, der von der Konstantstromquelle durch die Elektroden mit der nötigen Spannung ''hindurchgepresst'' wird, fließt nicht gänzlich durch die Probe. Da die Nährlösung eine gute elektrische Leitfähigkeit besitzt, umfließt der weitaus größere Teil des applizierten Reizstromes die Probe, und nur ein geringer Teil wirkt im gewünschten Sinne auf die Probe. Die Elektroden befinden sich deshalb möglichst dicht an der Probe. Der Gesamtwiderstand des Organbades mit Probe und Elektroden liegt bei wenigen Kiloohm. Die einzelnen Widerstände, aus denen sich der Gesamtwiderstand zusammensetzt, sind in Abbildung 8 skizziert.

4.2.3 Die Gewebeprobe

Die Gewebeeigenschaften der Probe machen es fast unmöglich, einen Prüfling bestimmter Form und Größe herauszupräparieren (siehe Abschnitt 5.2). Normalerweise hat der Prüfling Quaderform mit den ungefähren Maßen $4 \, mm \,* \,4 \,mm
\,* \,8 \,mm$. Eingehängt wird er an den beiden Haken im Organbad. Durch eine Mikrometerschraube kann man die Position der Haken in Längsrichtung verstellen und ihn so beliebig vorspannen.

4.3 Kraftaufnehmer

Es wird ein isometrischer Kraftaufnehmer mit der Bezeichnung HSE F30 Type 372 verwendet. Das Messprinzip des Kraftaufnehmers beruht nach Herstellerangaben auf Magnetplatten. Der Aufzeichnungsbereich des Kraftaufnehmers beträgt $300 \,mN$, der isometrische Quotient IQ ist mit $0.1\,\mu m/mN$ angegeben, und die Nichtlinearität ist nach Herstellerangaben $<0.1\,\%$. Der Kraftaufnehmer enthält eine komplette Messbrücke, die vier Anschlüsse erfordert (siehe Abbildungen 9). Zwei weitere Anschlüsse dienen zur Erdung und Abschirmung. Der Anschluss an den Messverstärker erfolgt über ein 6-poliges Spezialkabel.

4.4 Messverstärker

Zum Einsatz kommt ein DC-Brückenverstärker mit Differenzeingang (Bezeichnung HSE PlugSys DBA Type 660).

Die Eingangsspannung darf ${\pm}100 \,mV$ nicht überschreiten. Die maximale Verstärkung beträgt 10000. Die Versorgungsspannung der Messbrücke kann von $0$ bis $15 \,V$ eingestellt werden. Die Stromversorgung der Messbrücke ist kurzschluss-sicher und mit maximal $100 \, mA$ begrenzt. Die Ausgangsspannung beträgt $0$ bis $10 \,V$. Der Anschluss an den A/D-Wandler erfolgt über ein BNC-Kabel.

Der Nullabgleich der Messbrücke vor jeder Messung ist am Verstärker über ein Potentiometer möglich (siehe Abbildung 9).

Für die Messungen hier ist der Verstärker so kalibriert, daß $1 \,V$ am Ausgang $10 \,mN$ Zugkraft am Kraftaufnehmer entsprechen. Die maximale Kraft am Kraftaufnehmer, die mit dieser Anlage messbar ist, beträgt somit $100 \,mN$. Durch einen Schalter lässt sich die Empfindlichkeit um den Faktor $10$ erhöhen. Bei der Kalibrierung des Kraftaufnehmers und des Messverstärkers mit Eichgewichten war die Nichtlinearität im gesamten Messbereich kleiner $1\%$.

Abbildung 9: Schaltskizze für den Anschluss der Messbrücke an den Messverstärker
Image bridge

4.5 A/D-Wandler

Als A/D-Wandler kommt ein MacLab 4e zur Anwendung. Dieser besitzt 4 Differenzeingänge. Die maximale Eingangsamplitude ist von $10 \,V$ bis $500 \,mV$ einstellbar. Die Auflösung beträgt 11 bit, wobei zusätzlich noch ein bit für das Vorzeichen zur Verfügung steht. Die Samplingrate ist von $1$ bis $100 \,Hz$ einstellbar.

Das MacLab ist direkt an einen Macintosh PC angeschlossen, auf dem auch das Programm Chart Version 3.3.5 läuft, mit dem die Daten gesampelt und die Einstellungen am A/D-Wandler vorgenommen werden. Die Software bietet auch die Möglichkeit die Daten einzusehen und auszudrucken.

4.6 Gesamtaufbau der isometrischen Messanordnung

Der schematische Messaufbau ist in Abbildung 10 wiedergegeben. Da der A/D-Wandler nur Spannungen digitalisiert, wird eine stromproportionale Spannung an einem Messwiderstand (hier meist $100 \,\Omega$) gemessen. So können Eingangssignal und Ausgangssignal zeitsynchron aufgezeichnet werden. Manchmal wurden bis zu drei Bäder in Reihe betrieben.

Abbildung 10: Blockschaltbild des Gesamtaufbaus für die isometrische Messung
Image aufbau

4.7 Schrittmotor und Regelung

Um isotone Messungen an der Organbadanlage durchführen zu können, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Schrittmotoreinheit entworfen und eingesetzt.

Da die Muskelkraft bei der isotonen Messung konstant gehalten und die Muskelkontraktion gemessen werden, wird die Muskellänge durch einen Schrittmotor nachgeregelt, der über einen Zahnriemen die hierfür vorgesehene Mikrometerschraube betätigt (siehe Abbildung 11).

Als Istwert dient der Schrittmotor-Regelung die Ausgangsspannung des Messverstärkers vom Kraftaufnehmer. Dieser wird parallel zum Eingang des A/D-Wandlers geschaltet (siehe Abbildung 12). Der Sollwert ist über ein Drehpotentiometer von $0$ bis $10$ Volt einstellbar. Dabei entsprechen $1 V$ $10 \,mN$ oder $1\,mN$, je nach eingestelltem Messbereich am Verstärker. Die Regelung wird dann aktiv, wenn der Istwert den Sollwert um eine einstellbare Differenz über- oder unterschreitet. Dieser Wert kann nicht beliebig klein gewählt werden, da sonst die Längenänderung des Muskels durch einen Schritt des Motors eine größere Kraftänderung hervorruft, als von der Regelung toleriert wird. Diese überkompensation würde dann zu einer unerwünschten Schwingung der Regelung führen. Werte um $0.1 \,V$ haben sich gut bewährt.

Die Ansteuerung des Schrittmotors erfolgt über Steuerimpulse. Pro Impuls dreht der Motor um eine zwanzigstel Umdrehung. Die maximale Impulsfrequenz beträgt etwa $150 \,Hz$. Der Drehsinn des Motors ist einstellbar und hängt davon ab, ob der Sollwert vom Istwert unter- oder überschritten wird.

Die Drehung des Motors wird über ein Getriebe auf einen Zahnriemen, der mit der Mikrometerschraube verbunden ist, und auf ein Drehpotentiometer als Positionsgeber übertragen. Die übersetzung des Getriebes inklusive Zahnriemen beträgt $4:1$, d.h., der Motor muß sich vier mal drehen, um eine Drehung der Mikrometerschraube hervorzurufen. Eine Drehung der Mikrometerschraube entspricht $0.5
\,mm$ und wird in 80 Motorschritte geteilt.

Gleiches gilt für ein 10-Gang-Potentiometer, das als Positionsgeber verwendet wird. Dieses liefert eine widerstandsproportionale Spannung, die wie der Messverstärker des Kraftaufnehmers an den A/D-Wandler angeschlossen wird. über die Skala an der Mikrometerschraube kann diese Spannung geeicht werden. Die über den A/D-Wandler aufgezeichneten Spannungen lassen sich so in Längen des Muskels umrechnen.

Maximal erreicht die Steuerung eine Geschwindigkeit von $0.5
\,mm/s$. Die Auflösung beträgt $0.01 \,mm$.

Abbildung 11: Blockdiagramm der Schrittmotorsteuerung
Image motor1

4.8 Gesamtaufbau der isotonischen Messanordnung

Der Messaufbau der isotonen Messung gleicht dem der isometrischen Messung — es werden nur zusätzlich die Steuerung angeschlossen und der Motor mit Zahnriemenantrieb am Organbad installiert (siehe Abbildung 12). Leider kann so nur ein Bad betrieben werden. Der A/D-Wandler zeichnet dabei das elektrische Reizsignal, zur Kontrolle die gemessene Kraft und die Spannung vom Positionsgeber auf.

Abbildung 12: Blockschaltbild des Gesamtaufbaus für die isotonische Messung. Die zusätzlich zur isometrischen Messung installierten Komponenten sind hervorgehoben.
Image motor2


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Thorsten Foerstemann (thorsten@foerstemann.name)